Architekturvisionen – Architektur im (Rampen-)licht

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Etwas ohne jegliches Licht darstellen oder sichtbar machen zu wollen, ist nicht möglich. Zumindest wenn wir uns auf unsere natürliche Sehkraft beschränken. Dieser Umstand, dass Licht unabdingbar ist, gilt natürlich auch für die Architektur. Im architektonischen Kontext wird Licht grundlegend in zwei verschiedenen Variationen eingesetzt: Als natürliches und als künstliches Licht. Sowohl mit natürlichem als auch künstlichem Licht wird Architektur sichtbar, wahrnehmbar und erlebbar.

Das natürliche Licht muss im Entwurfsprozess früh bedacht werden. Wohnhäuser werden im Idealfall nach dem Sonnenstand bzw. den Vorlieben und Bedürfnissen der Bewohner oder der Nutzung entsprechend, das Licht betreffend konstruiert. Große, vom Tageslicht durchflutete Räume sind seit vielen Jahren begehrt, weil die Lebensqualität mit mehr Außenraumbezug in geschlossenen Räumen zu steigen scheint.
Natürliches Licht so einzusetzen, dass die Öffnungen im Baukörper die Architektur aufwerten und ein selbstverständlicher Teil ihrer werden, um den Räumen einen eigenen Flair zu geben, ist eine Herausforderung. Ein paar sehr gelungene Beispiele wurden in diesem Jahr in der Schweiz mit dem Tageslicht Award ausgezeichnet. Den ersten Preis erhielt das Schweizer Architektenteam Gigon/Guyer aus Zürich für ihren 1992 fertig gestellten Museumsbau. Das Kirchner Museum in Davos entstand aus einem Wettbewerb und ist bis Heute ein bedeutendes Beispiel für den Einsatz und die Umsetzung des richtigen Tageslichts. Das Museum beherbergt viele Arbeiten des deutschen Künstlers Ernst Ludwig Kirchners und muss den Anforderungen eines Ausstellungsraumes mit Aufenthaltsqualität gerecht werden. Gigon und Guyer verstanden es, mit großflächigen Fenstern, einem bis ins kleinste Detail geplanten Lichteinfall und einer offenen Raumstruktur, ein Museum zu entwerfen, welches des Tages keine künstliche Beleuchtung benötigt und trotzdem die ausgestellten Ölgemälde sowie Grafiken entsprechend präsentiert und erhält bzw. erhellt. Mit den großen Fenstern wird dem Besucher außerdem die Möglichkeit gegeben, sich selbst in der alpinen Landschaft Davos zu verorten und einen Außenbezug herzustellen.
Baut man in unseren Breitengraden verschwinden das natürliche Licht und der Sonneneinfall aber des Nachts. Dann kommt das künstliche Licht zwangsläufig zu seiner Aufgabe.

Künstliches Licht kann unterschiedlich eingesetzt werden. Zum einen dient es dem rein praktischen Zweck, Licht im Dunkeln zu spenden. Zum anderen kann es in einer Installation ein Gebäude oder Baukörper aufwerten, von Weitem sichtbar machen und Aufmerksamkeit erregen. Illuminationen in denen ganze Häuser von Außen neu gestaltet und in Lichttechnik verpackt werden, entwerfen zum Beispiel Casa Magica. Das Künstler- Team beschäftigt sich in seinen Arbeiten mit dem Einbezug der vorhandenen Architektur in die neue Installation, welche auch neue Sichtweisen und Interpretationen zu dem Baukörper ermöglichen.
Ihre Arbeiten bezeichnen sie selbst als Architekturprojektionen, wobei die Architektur nicht nur als Leinwand genutzt werden soll, sondern in die Bildgestaltung integriert wird. Dabei wird das Bauwerk in seiner Eigenheit thematisiert, genau wie die Spezifität eines jeden Ortes bedacht wird. Dadurch wird jede Installation zu einem einzigartigen künstlerischen Werk, in welchem Bild und Raumgefüge verschmelzen. Beispiele der Arbeiten von Casa Magica waren unter anderem bei der Fête de Lumieres in Lyon mit einer Architekturprojektions- Schau an der Cathédrale Saint-Jean oder einer Grossbildprojektion mit Licht an den Pyramiden von Giza zu bestaunen. Wunderschöne, beleuchtete, angestrahlte, neu interpretierbare Architekturkörper entstehen und zeigen für einen Moment der temporären Installation eine Facette der realen Architekturdarstellung.

Aber nicht nur ein bereits bestehender Baukörper kann durch eine Illumination aufgewertet werden. Eine Lichtinstallation selber ohne den Bezug zu einem bestehenden Baukörper kann zur Architektur und einem eigenständigen Kunstwerk werden.
Während der 20 Jahr Feierlichkeiten zum Wegfall der Mauer 1989 wurden in Leipzig während eines großen Lichterfestes verschiedene Lichtwerke installiert. Das Leipziger Architekturbüro KARO* Architekten beteiligte sich mit einem Beitrag zur virtuellen Rekonstruktion einer einst für das Stadtbild Leipzigs bedeutenden Brücke. Die damals schon nicht mehr bestehende Brücke „Das Blaue Wunder“ wurde mit Lichtern und Leinwänden in einer medialen Nachbildung an ihrem ursprünglichen Ort rekonstruiert. KARO* Architekten beteiligten sich an dieser aufwendigen Lichtinstallation und ließen die Menschen einen Teil der Brücke werden. Per Live Kamera wurden die vorbeikommenden Menschen auf die Leinwand projiziert, konnten sich unmittelbar darauf oben „auf“ der Brücke sehen. Im Sinne der früheren Demonstrationen, welche in Leipzig bis 1989 von den Menschen genutzt wurden, um den Wegfall der Mauer zu fordern, waren nun wie¬der die Menschen der Mittelpunkt dieser Brücke. Mit bekannten und markanten Sätzen, die vor 20 Jahren gemeinsam gerufen wurden und nun als Schriftzüge auf der Brücke erschienen, wurde die Installation unterstützt.
Das besondere an diesem temporären Zeichen digitaler Architektur ist, dass obwohl eigentlich die Brücke im Zent¬rum der Betrachtung liegen sollte, die Menschen in den Mittelpunkt gerückt wurden.

Autor: Elisabeth Bormann