Voranschreitende Urbanisierung und Ressourcenknappheit erfordern neue Lösungen, die einerseits vertikale Flächennutzung sowie auch emissionsschonende Maßnahmen bedingt.
Diese Thematik macht sich das Bauunternehmen Rhomberg Gruppe zur Aufgabe. Die Aspekte Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit stehen im Fokus der Unternehmensstrategie. Um neue Methoden zu einer energieeffizienten und nachhaltigen Zukunftsarchitektur anbieten zu können, beteiligt sich das Unternehmen auch an diversen Forschungsprogrammen, die stets die Möglichkeiten energieeffizienten Bauens hinterfragen und diese weiterentwickeln. Speziell zur Untersuchung innovativer und nachhaltiger Lösungen für den urbanen Raum gründet die Rhomberg Gruppe 2009 das Tochterunternehmen ‚Cree‘, dessen Bezeichnung sich von ‚Creative Resource & Energy Efficiency‘ ableitet. Cree setzt sich aus einem interdisziplinären Team zusammen, das sich damit befasst, den enormen Energiekonsum der Städte durch innovative Ideen und nachhaltige Strategien zu reduzieren. Infolge dessen entwickeln sie die Basis für die Umsetzung bis zu 100 Meter hoher Gebäude mit bis zu 30 Stockwerken, welche als Grundmaterial in Holz ausgeführt werden können. Eine Innovation, die einen kleinen Durchbruch für die Bauwirtschaft bedeutet. Der Schlüssel zur Umsetzung sind Holz-Hybrid-Decken, die aus einer Kombination aus Brettschichtholz und einer 8 cm dicken Betonschicht bestehen. Dies ermöglicht die brandschutztechnisch konsequente Trennung der Geschosse durch den feuerbeständigen Beton. Verbunden ist das Holz mit dem Beton durch Schubtaschen und Schrauben. Bevor die Betonschicht gegossen wird, werden sie in die Holzbalken geschraubt. Zwischen den BSH Trägern verlaufen die haustechnischen Versorgungsleitungen, für Lüftung, Kühlung, Beheizung, die löschtechnischen Einrichtungen und Rauchmelder. Die Deckenelemente haben die Maße 2,70m auf 8,10m und werden vorfabriziert. So entfallen Trocknungszeiten des Betons auf der Baustelle und die Systemmodule können innerhalb kürzester Zeit verbaut werden.
2011 wird die Realisierbarkeit dieser Idee an dem Forschungsprojekt des Life Cycle Towers in Dornbirn demonstriert. Finanziell unterstützt vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, im Rahmen des Innovationsprogramms „Haus der Zukunft Plus“. Das Holzhochhaus stellt den Prototyp einer neuen Generation nachhaltigen, vertikalen Bauens dar. Baubeginn war im September 2011. Bereits am 19. November 2012 fand die Eröffnung statt. Beteiligt an der Ausarbeitung war neben Cree auch das Architekturbüro Hermann Kaufmann ZT GmbH sowie das Unternehmen Wiehag, das Ingenieurbüro Arup und die Technische Universität Graz. Der LCT ONE, wie man ihn auch nennt, misst 27 Meter und hat acht Stockwerke. Um CO2 einzusparen, Abfall zu vermeiden und insgesamt wenig Energie zu verbrauchen, wurde der Herstellungsprozess und Materialeinsatz konsequent durchdacht und geplant. So besteht die Fassade aus recyceltem Metall und Holz wird als Grundmaterial für die Konstruktion verwendet. Holz ist ein regional verfügbarer Rohstoff in Vorarlberg, was Transportwege und somit Kosten wie CO2-Ausstoß einspart. Zudem ist es energieschonend zu verarbeiten, spart Transportkosten, aufgrund seines geringen Gewichtes, ist nachwachsend und wird in der Region als traditioneller Rohstoff schon sehr lange verbaut. Das Gebäude ist mit Doppelpendelstützen in einer Stützenbauweise errichtet, was die Nutzung sehr flexibel macht. Da Trennwände individuell eingesetzt werden können und die Spannweite der Decken mit 8,10m sehr groß ist, sind öffentliche wie private Nutzungen möglich. Doch neben dem Vorteil der Umnutzbarkeit ist auch die Möglichkeit eines Rückbaus von erheblicher Bedeutung bezüglich der Nachhaltigkeit. Diese wird möglich durch eine konstruktive Trennung von Tragkonstruktion, Gebäudehülle, Innenausbau und Haustechnik. So lassen sich die einzelnen Systemebenen unabhängig voneinander verändern, modernisieren oder unkompliziert zurückbauen.
Das nachhaltige Konzept ergibt sich aus der Tatsache, dass Holz zwar hauptsächlich verbaut wird, allerdings nur dort, wo es zweckmäßig ist. So ist beispielsweiße das Untergeschoss wie das Erdgeschoss in Stahlbeton ausgeführt. Ebenso die innenliegenden Treppenhauskerne, welche zugleich eine aussteifende Funktion haben. Und auch die Decken bestehen wie bereits erwähnt aus einer Kombination aus Holz und Beton und sind als Verbundrippendecken ausgeführt. Smart, statt nur konsequent scheint der Leitgedanke dieser Idee zu sein, welcher sich auch auszeichnet.
Aber das Gebäude ist nicht nur in der Herstellung energieeffizient durchdacht. Auch die Lebenszyklusbedingungen sind optimiert geplant. So ist es etwa im Passivhausstandard ausgeführt und versorgt sich mit Strom aus einer Photovoltaikanlage. Präsenzmelder und tageslichtabhängige Kunstlichtsteuerung sowie ein Gebäudeautomationssystem reduzieren die Betriebskosten und den Bedarf an Energie auf ein Minimum. Zudem wird ein Komfortoptimum für die Nutzer durch Kontrollsysteme erzielt, an welche die Lüftungstechnik gekoppelt ist. Heizung und Kühlung funktionieren mit Erdwärme. Die Alu-Glasfassadenhülle ist mit einem integrierten Sonnenschutz ausgestattet, welcher dem sommerlichen Wärmeschutz sowie blendfreien Raumverhältnissen dient. Gesteuert wird er über eine Sensorik auf dem Dach, welche die Tageslichtwerte misst. Die Lichtverhältnisse in den Räumen werden ebenso kontrolliert. Die Fenster sind dreifachverglast und als Kastenfenster verbaut.
Aber nicht nur ökologische und ökonomische Aspekte wurden in der Planung berücksichtigt. Auch soziokulturelle und technische Qualitäten wurden in den Entwurf miteinbezogen. So legte man in der Planung auch wesentlichen Wert auf Wohlfühlatmosphäre und Komfort der Nutzer. Neben einer Komfortlüftung, wurde auch eine Lichttechnik installiert, welche nach Bedarf die Einstellung differenter Farbtemperaturen möglich macht. Ein weiter Faktor, der das Wohlbefinden positiv steigern soll, ist der Verzicht auf eine Verkleidung der Holzkonstruktion. Das Holz wurde beabsichtigt nicht verkleidet, dass es für den Nutzer erlebbar bleibt. Dieser Gedanke entspringt aktuellen Studien, welche belegen, dass der Rohstoff positive Auswirkungen auf das Behaglichkeitsempfinden hat und die Erholung des Körpers unterstützt.
Nach DGNB wurde das Konzept des LifeCycle Towers aufgrund dieser umfassenden Planung zu Recht mit Gold bewertet.
Als Folgeprojekt erhält die Firma Cree von der Vorarlberger Illwerke AG den Auftrag für das Illwerke Zentrum in Vandans, welches sich in Konstruktion und Konzept an den Entwurf des LCT ONE in Dornbirn anlehnen soll. Baubeginn war im März 2012, bereits am 15. November 2013 wurde es eröffnet. Es ist eines der größten Holzgebäude Europas, welche der Büronutzung dienen. Ein weiterer Meilenstein in der Erfolgsgeschichte nachhaltigen Bauens und ein Indiz dafür, dass durch Forschung und interdisziplinäre Zusammenarbeit smarte Produkte entstehen, die den Weg in eine grüne Zukunft ebnen.
Autorin: Tamara Scheck